An den Schnittstellen zwischen Fondsleitung und Depotbank sind unter dem Oberbegriff des Asset Servicing über die Jahre zahlreiche interessante, wertschöpfende Zusatz-Dienstleistungen und Folgegeschäfte herangewachsen. Auch sind Depotbanken im Fonds- und Asset Management-Geschäft mittlerweile weit mehr als nur Verwahrstellen. Das Geschäft ist skalengetrieben, komplex und anspruchsvoll sowie zunehmend digitalisiert und weist einen hohen Spezialisierungsgrad auf. Für Anbieter gilt es unter enormen Wettbewerbskräften dem Preisdruck standzuhalten. Was zählt, ist Professionalität, aber auch Innovation. Vom reinen Können ist auch das Dürfen zu unterscheiden: Im Asset Services- und Depotbankgeschäft wird der regulatorische Handlungsrahmen seit Jahren immer enger abgesteckt. In Bezug auf Rechtsrahmen und Potential konkurriert die Schweiz zudem vor allem mit Luxemburg. Das ständige Ausloten der Möglichkeiten zwischen Wünschbarem und Machbarem ist Tagesgeschäft.
Welche Herausforderungen stellen sich im aktuellen Umfeld?
Was sich dabei alles hinter dem Begriff «Asset Servicing» verbirgt, um welche Geschäftsarten es sich handelt und wer die Kunden sind, soll das kommende Fachpanel aufzeigen. Kosteneffizienz zu steigern und in Zusammenhang mit der Verwahrung von Vermögenswerten Zusatzerträge zu generieren klingt auf den ersten Blick reizvoll und erstrebenswert. Dabei im Auge zu behalten sind aber stets auch die damit verbundenen hohen Risiken. Mit der Verwahrung und angrenzenden Dienstleistungen erfolgreich Geschäfte zu machen, ist entsprechend nicht «gratis» zu haben: komplexe Anlagestrategien, das Anlage- und Transaktionsverhalten der Kunden, die enorm gewachsene Vielfalt an Märkten und Anlageklassen, die zunehmende Digitalisierung und der gesteigerte Regulierungsgrad stellen die Anbieter mitunter vor grosse Herausforderungen. Wachstum und Grösse waren und sind in diesem Geschäft entscheidende Wettbewerbsfaktoren. Da die Gelder, mit welchen gearbeitet wird, schlussendlich den Anlegern gehören, ist stets auch eine ordentliche Governance im Auge zu behalten. Das Treuhandverhältnis mit der Anlagekundschaft setzt daher auch Grenzen im Asset Servicing.
Was umfasst das Asset Servicing und aus welchen spezifischen Dienstleistungen besteht es?
Forster: Die Kernfunktion im Asset Servicing besteht unseres Erachtens aus Verwahrungs-, Abwicklungs- und Kontrollaktivitäten. Darüber hinaus hat sich das Serviceangebot u.a. im Depotbankengeschäft in den letzten Jahren aber aufgrund der Marktanforderungen und der zunehmenden Komplexität im Fund- und Asset Management stark ausgeweitet. Immer mehr Teilfunktionen, wie beispielsweise das Risikomanagement, das Collateral Management, das regulatorische Reporting, Wertpapierleihe, Handelsaktivitäten und Brückenfinanzierungen werden an Dienstleister ausgelagert. Haupttreiber dieser Entwicklung sind das veränderte Kapitalmarktumfeld der Inflation mit rasch steigenden Zinsen und hoher Volatilität sowie die gestiegenen Anforderungen der Regulierung. Die maßgeblichen Dienstleister haben daher über die Jahre die Wertschöpfungskette der Fondsadministration deutlich ausgeweitet.
Welches sind Ihre Kunden und in welche Richtung haben sich deren Geschäftsbedürfnisse in den letzten Jahren entwickelt? Und: Welches sind Ihre Leistungsversprechen?
Forster: Vermögensverwalter zum Beispiel haben neben der klassischen Fondsadministration einen hohen Bedarf an Zusatzleistungen. Dies, um sich auf ihre Kernfunktionen zu konzentrieren. Haupttreiber dieser Entwicklung sind das veränderte Kapitalmarktumfeld und u.a. die gestiegenen Anforderungen der Regulierung. Die Wertschöpfungskette der Fondsadministration wurde daher seitens der Dienstleister deutlich ausgeweitet und bietet beispielsweise Bausteine wie Performance-Messung, Asset Allocation-Beratung, flexible IT-Schnittstellen oder individuelle Reportings an. Die damit verbundenen Technologien und Infrastrukturen sind kostenintensiv, so dass vor allem grosse Häuser (wie die DZ BANK Gruppe) in der Lage sind, ein umfassendes Asset Servicing anzubieten.
Welche Herausforderungen ergeben sich heute insbesondere für das Risk Management?
Forster: Die Herausforderungen für das Risikomanagement von Investmentfonds bestehen heutzutage insbesondere darin, die zahlreichen Veränderungen schnell und angemessen zu bewältigen. Bei den vielfältigen Themen wie die weltpolitischen Ereignisse (Pandemie, Krieg in Europa) und auch aufsichtsrechtliche Neuerungen (ESG, Liquiditätsrisiko) sowie die stetig steigenden Kundenanforderungen ist es sehr wichtig, die notwendigen Ressourcen, Systeme und Kompetenzen vorzuhalten, um schnell und flexibel agieren zu können.
Asset Services heißt grundsätzlich, mit den riesigen Fondsvermögen aktiv Geld zu verdienen. Aufgrund des Treuhandverhältnisses mit der Anlagekundschaft sind dem aber auch Grenzen gesetzt. Angesprochen sind im Rahmen des Risk Management damit auch die zahlreichen Interessenkonflikte.
Forster: Nutznießer sollten im Rahmen des Treuhandverhältnisses letztendlich die Fondsanleger sein. Interessenkonflikte nehmen wir daher sehr ernst, dies deshalb, weil nur die Vermeidung solcher die Integrität der DZ BANK-Gruppe in Bezug auf die Verwaltung und Erbringung von Dienstleistungen beim Asset Servicing Erfolg verspricht und mögliche Problemfelder im Vorhinein vermeidet. Die Grenzen liegen unserer Meinung nach noch immer klar bei der sicheren Verwahrung oder bei ethischen Themen wie z.B. Lebensmittel oder Fussballspielerrechte. Darum ist bei der Auswahl eines geeigneten Asset Servicer wichtig, dass dieser neben einem modernen Verwahrstellensystem auch eine Anbindung an verschiedene Schnittstellen und ein internationales Lagerstellennetz hat. Mit der DZ PRIVATBANK verfügen wir über Depotbanken in der Schweiz, in Luxemburg und in Deutschland mit eigenen Handels- und Abwicklungsabteilungen nebst Schnittstellen zu internen und externen Dienstleistern, z.B. im Rahmen des regulatorischen Reporting oder der Asset Valuation.
Welche Anforderungen stellen sich für Sie neuerdings im Rahmen der ESG-Bestimmungen aus EU-Brüssel und ESMA?
Forster: Nebst den Fondsleitungen haben auch die Depotbanken wichtige Aufgaben bei der Kontrolle der Einhaltung der ESG-Kriterien zu erfüllen. Dies ist nicht nur die Erwartung der ESMA, sondern insbesondere auch der Investoren. Diese wollen gewährleistet haben, dass sie kontrolliert und nachhaltig investieren können. Dabei werden in Zukunft nebst den Hauptaufgaben auch erweiterte Dienstleistungen im Rahmen der ESG-Datenanalyse und dem ESG-Reporting eine wichtige Rolle einnehmen.
Welcher betriebliche Spezialisierungsgrad soll anvisiert werden? Welche Leistungen können sinnvollerweise ausgelagert werden?
Forster: Die wesentlichen Dienstleistungen in unserem Geschäft werden bei uns von der DZ PRIVATBANK-Gruppe selbst erbracht. Die Idee ist, die Kompetenz optimal zu bündeln und die Serviceleistungen gegenüber unseren Asset Managern und Fondsinitiatoren ständig weiter auszubauen und zu professionalisieren.
Welches sind insbesondere im Private Label-Geschäft die zentralen Fragen und Herausforderungen an den Schnittstellen zwischen Fondsleitung und Depotbank?
Forster: Im Privat Label-Geschäft ist im Rahmen der Funktionstrennung eine klare Kommunikation und Abstimmung insbesondere bei Neuprojekten oder neuartigen Investments – Stichwort: Neu-Produkt-Prozess (NPP) – essenziell. Die Auftraggeber der Dienstleistungen müssen jedoch eine adäquate Kontrolle der Auslagerung aufsetzen.
Eine Frage zur möglichen Anbieterstruktur der Zukunft: Werden aufgrund von Preis- und Margendruck sowie der Skalenökonomie vor dem Hintergrund von Digitalisierung und DLT (u.a. Blockchain-Prozesse) in Ihrem Geschäft nur noch die ganz grossen Anbieter überleben? Oder bieten gerade solche neuere Entwicklungen grosse Chancen auch für kleinere Anbieter?
Forster: Eher weniger. Der Markt dürfte sich weiter konsolidieren. Die im Markt verbleibenden grösseren Anbieter – wie u.a. die DZ-Banken-Gruppe – sind in der vorteilhaften Lage, insbesondere die anstehenden Herausforderungen aus der Digitalisierung anzunehmen und erfolgreich umzusetzen. Zudem: DLT-Lösungen werden an sich schon mit Sicherheit zur weiteren Konsolidierung beitragen.
Im Rahmen des traditionellen IT-Systems eines Unternehmens laufen Daten und effektive Abstimmungs- resp. Liefer- resp. Handlungsprozesse und -ketten zumeist noch unverbunden nebenher. Die Fehler- und auch Missbrauchsanfälligkeit ist entsprechend hoch, Beweisführungen aufwändig und kostspielig, der Prüf- und Kontrollaufwand gigantisch. Wie schätzen Sie das aus Ihrer Warte betrachtet heute ein?
Forster: Unser Haus ist sich der Gefahr der Fehler- und auch Missbrauchsanfälligkeit jederzeit bewusst. Ein Konzern unserer Größenordnung setzt Standards, welche die IT-Sicherheit und den Schutz von Daten inkl. deren Integrität im höchsten Maße zu bewahren bestrebt ist.
Distributed Ledger Technologien wie u.a. «Blockchain», das heisst u.a. Überwindung von Datensilos, Echtzeit-Prozesse, Übertragung digitaler Werte ohne Intermediäre, Standardisierung, Automatisierung von Prozessen über so genannte Smart Contracts. Das Einander-Kennen und Vertrauen wird nun offenbar durch reines Wissen und 100%ige Verlässlichkeit ersetzt, wie das die DLT-Verfechter lauthals predigen. Das ändert die Spielregeln. Wie verändert DLT die Prozesse und das ganze Geschäftsmodell im Asset Servicing resp. im Depotbankengeschäft? Wie tangiert das Ihr Geschäft?
Forster: Klar wird die Distributed Ledger Technologie grossen Einfluss auf die Geschäftsmodelle haben. Zunächst können aus Sicht der DZ PRIVATBANK Transaktionen effizienter, günstiger und sicherer abgewickelt werden. Dies bezieht sich u.a. auch auf die Digitalisierung von Assets und Fondsanteilen und bringt einen großen Vorteil und Nutzen für die Kapitalmarktabwicklung mit sich. Im Hinblick auf das Geschäftsmodell der DZ PRIVATBANK kann die gesamte Wertschöpfungskette im Bereich Digital Assets abgebildet werden. Dabei arbeiten wir selektiv – wo betriebswirtschaftlich und technisch sinnvoll – mit geeigneten Dienstleistern zusammen. Wir stehen im engen Austausch mit unseren Partnern, um Use Cases im Sinne der Kunden und deren Nachfrage zu entwickeln. Dieser Early Adopter-Ansatz kann einen Vorteil bei der Kundenakquise mit sich bringen. Dabei wird aber sehr genau geschaut, dass die entwickelten Use Cases für die Kunden und uns betriebswirtschaftlich sinnvoll und auch nachhaltig sind.
Neue Technologien eröffnen offenbar auch ganz neue Geschäftsfelder. Erhoffen Sie sich im Bereich Fundadmin und Verwahrungsfunktionen davon auch weitere Innovationsschritte?
Forster: Der Einsatz von künstlicher Intelligenz in bestimmten Softwarekomponenten kann z.B. die Dringlichkeit und Wichtigkeit beim Erkennen und Abarbeiten von ex-post festgestellten Verletzungen von Anlagegrenzen deutlich unterstützen. Auch die Verwahrung von Assets und die Verarbeitung von Anteilscheingeschäften kann beschleunigt werden. Dadurch kann z.B. die Lücke zwischen Handelstag und Valuta deutlich reduziert werden.
Auf den Rechtsrahmen bezogen konkurriert die Schweiz vor allem mit Luxemburg. Wie stehen wir denn heute im Vergleich zu Luxemburg da?
Forster: Das Zusammenspiel Schweiz/Luxemburg ist bezüglich der Fondsadministration sehr gut miteinander abgestimmt. Auch hier stehen für uns die Kunden im Vordergrund. Zusätzlich kann die IPConcept (Schweiz) AG und DZ PRIVATBANK (Schweiz) AG jederzeit auf das gesamte Leistungsspektrum der DZ PRIVATBANK in Luxemburg zurückgreifen.
Hilft allenfalls die neue Fondskonstruktion des L-QIF, Ihr Geschäft auch von der Schweiz aus weiter vorwärtszutreiben? Wenn ja, wie und auf welche Art?
Forster: Der L-QIF hilft uns auf jeden Fall, unser Geschäft auch in der Schweiz weiter auszubauen. Wir bieten den Schweizer Fondsinitiatoren bereits heute unsere Dienstleistungen für in Luxemburg domizilierte Fonds an und damit auch den Reserved Alternative Investment Fund (RAIF). Unsere langjährigen Erfahrungen mit dem RAIF helfen uns sehr, auch hierzulande die erhöhten Anforderungen an Fondsleitung und Depotbank beim L-QIF wahrzunehmen.
Erschienen im B2B Magazin für das Schweizer Fund & Asset Management